Hans Böffgens Erinnerungen

Damals – ich kämmte mich ordentlich, mit Scheitel, und fuhr zur Zentrale der Frankfurter Sparkasse. Ich hatte einen Termin: Kredit über 5.000 DM.
Wofür benötigen sie das Geld denn? Fragte mich der Anzug. – Ich will einen Film machen.
Für 5.000 DM? Der Mann schaute nach draußen, während er das fragte. Er hatte was anderes im Kopf. – Ja. Mehr brauche ich nicht.
Und was haben sie bisher so gemacht?
Ich komme gerade aus den USA. Hatte ein DAAD-Stipendium. – Er schaut zu mir auf. – Vorher Studium Malerei und Film an der Kunstakademie Düsseldorf. – Er blättert Papiere um – Meine Frau arbeitet hier am Theater – oh – Habe eine Tochter – Grinsen – Tja.
Ich unterschreibe und bekomme den Kredit.
Der Scheitel löste sich langsam wieder in Nichts auf.
„Lawinengefahr“ sollte der Film heißen.
Erste Niederlage: Anna wollte die Szene nicht spielen, in der sie den Rock hoch heben sollte. Die zweite: Der Hauptdarsteller bricht sich eine Woche vor Dreh ein Bein. Also muss ich die Rolle selbst spielen. Sowieso besser.
In Frankfurt lebte damals auch Peter Bohl, den ich, ebenso wie Anna, an der Kunstakademie Düsseldorf kennenlernte. Ein großartiger Zeichner. Wir waren Freunde. Er stellte mir Michael vor, damals ein bekanntes Frankfurter Hassobjekt, weil vielfacher Hausbesitzer, eher aus der Grauzone, kreativ im Umgang mit Justiz und anderen Behörden. Ihn wollte ich als Darsteller. Klar. Kein Problem.
Später spielte Michael in mehreren meiner Spielfilme eine Hauptrolle.
Auch meine Schwester, meine beiden Brüder, meine Tochter, viele Freunde spielten mit. Und Rosie, die schöne Engländerin.
Paco, einer der „Chefs“ der jetzt berühmten Frankfurter Batschkapp, nebenbei Taxifahrer, später der Filmgeschäftsführer meiner unberühmten Firma Tonfilm Frankfurt, war Produktionsleiter, und Schauspieler, Harry Heinen, von den jetzt legendären „Strassenjungs“ machte die Titelmusik, mit den „Strassenjungs“ auf meinen Text: „Ich wär so gern, ich wär so gern Anach/tist, schade nur, dass es so gefährlich ist.“
Rosie hatte mir ein günstiges Filmkopierwerk in London empfohlen. Vielleicht weil sie dort wohnte. Ich bin hin geflogen, habe das 16mm-Material im Kopierwerk abgegeben, und Rosie besucht.
Dann sagte mir das Kopierwerk, dass ein Teil des Materials nicht mehr auffindbar ist.
Sie wollten mir eine Entschädigung zahlen.
Ich montierte aus dem noch verfügbaren Material meinen Film. Ein deutsches Kopierwerk sollte die Vorführkopie herstellen. Sie schickten mir die Filmrolle zurück: Das sei doch wohl die Resterolle.
Nein, das war der Film.
Der Film wurde dann auf der Berlinale gezeigt. Ich bin gar nicht hingefahren.
Damals.

Hans Böffgen

Vita Hans Böffgen

Studium Malerei und Film Kunstakademie Düsseldorf,
DAAD Stipendium Visual Arts Dept. University of California San Diego, USA.

Nach Rückkehr aus USA, Umzug nach Frankfurt,
Band „Diffusordüse“ zusammen mit Harry Heinen u. Walter Jotzo,
Kurzfilme u. a. „Lawinengefahr“ (eingeladen bei Berlinale),
mehrere Spielfilme in Frankfurt:
„Nordsüdachse-Achsenbruch“ „Moses & Mayer“, „Zufall“ alle
für ZDF (Darsteller: Michael Mann, Einar Schleef, Walter Raffeiner)
Unter dem Namen „UMfaL“ mit dem Sänger, Schauspieler und Schriftsteller
Walter Raffeiner mehr als 30 „UMfaL-Filme“, u.a. „Die schöne
Müllerin“, „Euroarm“, „Der Scheiterhaufen“, „Das Ende der
Wurst“,
UMfaL-Live-Auftritte in Theatern in u.a. Hamburg, München, Zürich, Wien,
UMfaL-Theaterinszenierungen im Nationaltheater Mannheim, Landestheater
Innsbruck.

Ab 1990 Fernsehdokumentationen in Sibirien und Guatemala, Inszenierungen
bei „Theater der Welt – X-Wohnungen“ im Ruhrgebiet und in Berlin.
Dokumentarfilme in Südamerika, Kuba, Afrika.
Spielfilme in Guatemala „Mentiras“, „El diabolo no se queme“,
ab 2014 Ausstellungen zusammen mit Hermann Feuchter und Walter Jotzo
unter „Abdruckx“.
Ausstellung Malerei zusammen mit Alvarado im „Casa del Caribe“
Santiago de Cuba.
2012 – 2018 Dreh “TeleNoMella” in Kuba,und „Alvarado – una mirada
fraternal“
Dreh „El Paraiso“, Guatemala.
2019 Dreh „Be water“ Dokumentarfilm in Hong Kong

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